Unsere Frachtschiffreise mit der MS Frederik
Nachdem es vorab ein ziemliches Hin und Her gab, was das Abreisedatum und den Kai betraf – mittlerweile verstehen wir auch die Gründe – war es dann am Vormittag des 10. August endlich soweit: Unsere 1. Frachtschiffreise ging los.
Ein wenig vom Hamburger Taxifahrer ausgesetzt am „Tollerort“ fühlten wir uns schon, doch schnell kam unser Shuttle und fuhr uns zur Frederik. Dort nahm uns sehr freundlich ein Schiffsoffizier in Empfang und wir machten unsere ersten Schritte an Bord. Zunächst allerdings nur bis in den Offiziersraum (heißt wahrscheinlich anders?), wo wir dann unsere Pässe abgaben. Der Zoll und die Polizei waren ebenfalls vor Ort und machten eine Personenabfrage der Passagierdaten. So erfuhren wir, dass es noch 2 Mitreisende in unserem Alter (wir sind 52 und 62 Jahre alt) gab, die bereits ihre Kammer bezogen hatten. Nachdem nun auch polizeilich geklärt war, dass wir wirklich bald losfahren, brachte uns Rana Ar., der 3. Offizier, zu unserer Kammer. Dabei trug er meinen Trolley, der ca. 20 kg wog, mit nur einmaligem Absetzen alle 5 Decks hinauf. Herr Archimedes ist der 3. Offizier, und er ist Phillippino. „Das nächste Mal wird das anders mit dem Gepäck.“, schwor ich mir. Das im Anschluss angebotene Trinkgeld lehnte er dann auch noch ab.
Da die anderen beiden Passagiere nun schon da waren, hatten wir keine Auswahlmöglichkeit mehr bei der Kammer. Das machte aber gar nichts, denn auch unsere war wirklich geräumig und hatte alles, was wir brauchten. Unverstellter Blick zum Bug – übrigens bis zum Schluss! Ein Seitenfenster, das sich öffnen ließ, prima. Kaum waren Trolley und Rucksack abgestellt, ging es auch schon wieder hinunter zum Poopdeck, wo sich neben der Kombüse auch beide Messen befinden. Mit dem Hinweis, dass um 12.00 Uhr Mittagessen und im Anschluss eine Sicherheitseinweisung geplant sei, waren wir dann erst einmal auf uns selbst gestellt. Wir gingen also wieder die 5 Decks hoch – insgesamt 67 Stufen zählte mein Mann in den nächsten Tagen – und richteten uns ein.
Schnell wurde es Zeit zum Essen, also wieder hinunter. Jeden Mittag gab es eine Suppe, Salat und ein warmes Hauptgericht. Dazu Brot und Aufstriche nach Belieben sowie diverse Salatsaucen, Oliven, frische Kräuter etc., um den Salat zu verfeinern. Abends gab es dann noch einmal warm. Das Essen war nicht wirklich raffiniert, aber immer lecker. Meist wurde osteuropäisch gekocht, da eben viele Mitglieder der Besatzung Osteuropäer sind. Bei der Mahlzeit lernten wir dann unsere Mitreisenden kennen, mit denen wir im Laufe der Zeit viele, viele gute Gespräche hatten. Zum Ende des 1. Essens setzte sich der Kapitän zu uns. Er informierte uns über einige Gepflogenheiten an Bord, für uns waren diese Sachen aber irgendwie schon vorher klar: Natürlich hatten wir keinen Zimmerservice, und na klar für Lebensmittelunverträglichkeiten der Passagiere ist auf einer Frachtschiffreise auch nicht unbedingt Platz. Gegen Seekrankheit sei etwas an Bord, wobei im August nicht unbedingt mit einer rauen See gerechnet werden müsse. Dann erzählte er uns noch etwas über die Geschichte des Schiffs und der Reederei. Sein Englisch ist gut verständlich.
Die Sicherheitsübung fand dann wieder mit Herrn A. statt. Zuerst durften wir einen Blick in den Maschinenraum werfen. Anschließend ging es um Seenotrettung. Danach gingen wir zur Brücke hinauf, wo konzentriert gearbeitet wurde. Das für mich allerschönste waren dann aber die beiden Sonnendecks auf der 3. Etage, für die es sogar genau 4 Liegestühle gab! Platz wäre noch für viel mehr gewesen.
Mein Mann interessierte sich mehr für do’s und don’ts und war überrascht, wie viel Auslauf auf dem Schiff wir doch insgesamt hatten. Mit Ferngläsern, Yogamatte und Literatur ausgestattet, ist uns die Zeit auf der Frederik nie lang geworden. Am vorletzten Abend lud uns sogar der Kapitän auf sein 4. Deck ein. Er hatte Käsespieße, Oliven und Obst vorbereiten lassen. Viel erfuhren wir aus seinem Leben, dem Smartphone sei Dank auch gut bebildert.
Außerdem gab es da ja auch noch die Landgänge. Gern wurde uns ein Taxi bestellt, wir wurden mit den Telefonnummern der Offiziere und unseren Reisepässen ausgestattet und ließen im Gegenzug unsere Handynummern an Bord. Von den Offizieren gab es noch jede Menge Tipps, wie zum Beispiel eine Flugschau in Gdynia. Diese haben wir allerdings nicht besucht, stattdessen fuhren wir mit dem Zug nach Sopot und wanderten den Strand entlang zurück. Die verbleibende Zeit wollte ich ursprünglich noch heimlich für einen Kurzeinkauf nutzen, da der Geburtstag meines Mannes anstand. Nachdem mir aber beim Mittagessen der Koch angeboten hatte, er könne einen Kuchen machen und hätte sogar Kerzen, habe ich ihm dies überlassen und mich bei ihm mit einer Tüte Haribo und einem Trinkgeld bedankt – er hat es auch angenommen.
Ob das jetzt alles „normal“ ist für eine Frachtschiffreise, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist jedenfalls, dass es uns einen riesigen Spaß gemacht hat, den Horizont erweiterte und bestimmt nicht die letzte Tour auf einem Frachtschiff war. Die sich ständig verschiebenden Abfahrtszeiten und –kais, von denen ich am Anfang schrieb, zeigen einfach nur wie authentisch man sich eben auf einem solchen Schiff bewegt: Niemand konnte wissen, dass wir nach erfolgtem Auslaufen doch noch zurück in den Hamburger Hafen geschleppt werden mussten, weil etwas an der Maschine kaputt gegangen war. Auch war es einfach eine höhere Macht, die in Klaipeda dafür sorgte, dass ein Be- und Entladekran aufgab, sodass wir nicht wie geplant um Mitternacht, sondern erst am nächsten Morgen ausliefen. Für uns ein Glück, denn so wurde es eine Nacht mehr an Bord der MS FREDERIK.